Umsetzung des Geldspielgesetzes. Werden die Spielerschutzmassnahmen wirklich angewendet?

Wichtiger Einwand von Michaud Gigon Sophie von der Grüne Partei der Schweiz betreffend der Umsetzung des Geldspielgesetzes.

 

Eingereichter Text

1. Nach dem Geldspielgesetz (BGS) muss mindestens ein Mitglied der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) über besondere Kenntnisse im Bereich der Suchtprävention verfügen. Hat der Bundesrat die richtigen Vertreterinnen und Vertreter gewählt? Wie stellt der Bundesrat sicher, dass die dem Geldspiel innewohnenden Gefahren von der ESBK berücksichtigt werden?

2. Die Werbung der Spielbanken war während dem Lockdown sehr aufdringlich. Nach Artikel 74 Absatz 1 BGS darf aber die Werbung weder aufdringlich noch irreführend sein. Hat die ESBK nach Auffassung des Bundesrates ihre Arbeit zur Überwachung der Werbung gemacht?

3. Es gibt zurzeit Werbung, die ein spielerisches Universum vorgaukelt und geeignet ist, vor allem Minderjährige anzuziehen. Dasselbe gilt für verschiedene Online-Spiele (z.B.: Jackpot.ch). Nach welchen Kriterien wird beurteilt, ob die Werbung im Einklang steht mit Artikel 74 Absatz 2 BGS?

4. Die Spielbanken müssen eigentlich die Spielerinnen und Spieler überwachen. Wie kommt es also, dass Spielerinnen und Spieler so rasch so viel verlieren, ohne dass die Spielbanken es bemerken, wie dies vom RTS publik gemacht wurde? Funktioniert die Aufsicht?

5. Die Spielbanken müssen für die Spielerinnen und Spieler Informationen über die Risiken des Spiels bereithalten. Auf verschiedenen Websites sind diese Informationen nur auf Deutsch vorhanden. Haben die Italienisch-, Französisch- und Romanischsprachigen nicht Anspruch auf den gleichen Schutz wie die Deutschsprachigen? Wer sollte diese Informationen vor der Veröffentlichung prüfen?

6. Offenbar werden wesentliche Dienstleistungen ins Ausland ausgelagert (z.B. Live-Roulette der "Schweizer" Online-Casinos wird in Malta betrieben). Dadurch wird verunmöglicht, dass die Probleme bei deren Auftauchen erkannt werden. Wie soll unter solchen Umständen eine wirksame Aufsicht durchgeführt werden?

7. Welche Wirkung hat die Sperre ausländischer Sites heute? Trägt sich der Bundesrat mit dem Gedanken, die Finanztransaktionen, die auf illegalen Plattformen getätigt werden, zu überwachen? Könnte die FINMA allenfalls beim Aufspüren illegaler Spielangebote behilflich sein?

8. Wie ist es möglich, dass eine so einträgliche Branche - Bruttospielertrag von 742 Millionen (+ 5 % gegenüber dem Vorjahr) - so nachlässig überwacht wird? Hat die ESBK die Mittel zur Erfüllung ihres Auftrags?

 

Begründung

Das BGS ist am 1. Januar 2019 in Kraft getreten. Damit hat die ESBK wichtige Kompetenzen erhalten. Dazu gehört auch die Umsetzung der Massnahmen zum Schutz der Spielerinnen und Spieler vor exzessivem Spiel. Solche Massnahmen sind die Überwachung der Werbung (Art. 74 BGS), die Vorschrift, dass mindestens ein Mitglied besondere Kenntnissen im Bereich der Suchtprävention aufweisen muss (Art. 94 Abs. 4 BGS), das Sozialkonzept (Art. 76 BGS) und Massnahmen zur Früherkennung (Art. 78 BGS).

Während dem Lockdown konnte jeder und jede unschwer die Zunahme der Werbung für (Online-)Casinos feststellen, und zwar am Fernsehen, in der Öffentlichkeit, im Internet und in der Presse. Gleichzeitig erschienen in der Presse Berichte über einen sehr mangelhaften Schutz der Spielerinnen und Spieler. In der Debatte über das BGS hat der Bundesrat sich immer wieder für den Spielerschutz starkgemacht. Nun aber, da das Gesetz in Kraft ist, scheint die Realität eine andere zu sein: Die Handhabung in diesem Bereich ist sehr lasch. Werden die Versprechen des Bundesrates erfüllt?

 

Stellungnahme des Bundesrates vom 02.09.2020

1. Gemäss Art. 94 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Geldspiele (BGS, SR 935.51) muss mindestens ein Mitglied der ESBK über besondere Kenntnisse im Bereich der Suchtprävention verfügen. Der Bundesrat hat auf den 1. Januar 2012 Herrn Hans Jörg Znoj als Mitglied gewählt. Herr Znoj ist Professor der Psychologie an der Universität Bern; er ist ein anerkannter Spezialist im Suchtbereich.

2. Werbung, welche die Aufmerksamkeit der Spieler auf Online-Spielangebote lenkt, ist nicht per se irreführend. Der Bundesrat hat in Art. 77 der Geldspielverordnung (VGS, SR 935.511) präzisiert, welche Art von Werbung als irreführend oder aufdringlich gilt. Die ESBK prüft die entsprechenden Informationen und ergreift gestützt auf die klaren rechtlichen Vorgaben gegebenenfalls die erforderlichen Verwaltungsmassnahmen.

3. Werbung für bewilligte Geldspiele, die sich an Minderjährige richtet, ist unzulässig (Art. 74 Abs. 2 BGS) und gemäss Art. 131 Abs. 1 Bst. c BGS strafbar. Die ESBK verfolgt solche Widerhandlungen und trifft die erforderlichen Massnahmen.

4. Ziel des BGS ist der angemessene Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren, welche von den Geldspielen ausgehen. Deshalb sind die Betreiber von Geldspielen gehalten, sämtliche Massnahmen zu ergreifen, deren es für die rechtskonforme Ausübung ihrer Tätigkeit bedarf. Die ESBK kontrolliert in regelmässigen Abständen den Vollzug der Sozialschutzmassnahmen durch die Spielbanken.

5. Die Spielbanken sind private Unternehmungen, die grundsätzlich keine Verpflichtung dazu haben, ihr Spielangebot in allen Landessprachen anzubieten. Für die Aufschaltung von Onlinespielen verlangt die ESBK jedoch gestützt auf die Meldepflicht der Anbieterinnen gemäss Art. 88 VGS, dass auf den Internetseiten sämtliche Informationen über die Risiken des Spiels vorhanden sind. Die Internetseiten werden in mehreren Sprachen betrieben, daher sind diese Informationen im gleichen Umfang mindestens in zwei Landessprachen verfügbar.

6. Um Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit und eine unabhängige Geschäftsführung zu bieten, müssen Spielbanken bei einer Reihe von Aufgaben (Überwachung des Online-Spielbetriebs, Umsetzung der Massnahmen im Bereich des Sozialschutzes und der Bekämpfung der Geldwäscherei, sowie Führung der Kundenkonten und Pflege der Beziehung mit den Spielern) die zentralen Tätigkeiten durch betriebseigenes Personal ausführen (Art. 9 VGS). Soweit diese Voraussetzungen gewährleistet sind, steht einer Entwicklung der Spiele durch Dritte nichts entgegen, auch nicht, wenn diese im Ausland domiziliert sind. Die Spielbanken sind verpflichtet, bei der ESBK für jedes der Spiele, die sie betreiben wollen, ein Zertifikat einer akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle einzureichen. Auf dessen Basis prüft die ESBK vor Inbetriebnahme und danach in regelmässigen Abständen die Einhaltung der rechtlichen Grundlagen.

7. Die ESBK veröffentlicht und aktualisiert auf ihrer Webseite eine Liste der gesperrten Spiele. Die Fernmeldedienstanbieter sind verpflichtet, den Zugang zu den aufgeführten Online-Spielangeboten zu sperren. Seit dem 1. Juli 2019 wurde der Zugang zu 217 Domainseiten gesperrt. Die Überwachung der Finanztransaktionen wurde im Laufe der Gesetzgebungsarbeiten diskutiert und verworfen. Eine Evaluation des neuen Geldspielgesetzes und des damit verbundenen Sperrsystems ist angesichts des kurzen Umsetzungszeitraums verfrüht.

8. Die ESBK verfügt über die notwendigen Kompetenzen und Mittel, um ihrem gesetzlichen Auftrag nachzukommen. Sie führt beispielsweise in allen Spielbanken regelmässig Inspektionen durch. Im Rahmen dieser Überprüfungen wird insbesondere die Umsetzung des Sicherheits- und Sozialkonzepts, die Einhaltung der Sorgfaltspflichten im Bereich der Bekämpfung der Geldwäscherei, die Transparenz der Finanzflüsse und der sichere und transparente Betrieb der Spielbankenspiele kontrolliert. Verstösst die Konzessionärin gegen eine ihrer gesetzlichen Pflichten, so wird sie anhand einer Verwaltungssanktion mit bis zu 15% des vorjährigen Bruttospielertrags gebüsst.